Es fing damit an, dass meine Mutter nach Worten suchte. Sie sich Notizen machte. Sie stiller und ängstlicher wurde und mich nicht mehr mit der Bahn besuchen wollte, bis sie schließlich gar keine Besuche mehr machte. Nach und nach erkannte sie immer weniger Personen um sich herum. Ihre Töchter wurden zu „Liebes“ oder „Freundin“. Irgendwann benötigte sie Pflege.
Meine Mutter verschwand in einem Nebel und starb nach 9 Jahren Demenzerkrankung.
Der Trauerprozess begann, noch bevor meine Mutter starb.
Im Nebel der Demenz sammelte ich die kleinen Lichtmomente ein: Ein paar Worte, Berührungen, ein Lächeln und dann nur noch kleine Augenblicke – Blicke, die sich treffen und direkt ins Herz gehen.
Ein immer wieder Abschied nehmen, mit dem Wissen, sie vielleicht so nicht mehr anzutreffen. Es war ein Abschiednehmen und Trauern über Jahre hinweg.
Als sie schließlich starb war ich unendlich traurig und zugleich erleichtert.
Darf man sich erleichtert fühlen, wenn ein geliebter Mensch stirbt?
In der Trauer haben alle Gefühle ihre Existenzberichtigung!
Nicht nur die Gefühle, die wir vielleicht naheliegend empfinden. Viele der Gefühle irritieren uns oftmals, vielleicht schämen wir uns sogar dafür und verschließen sie in uns.
Manchmal benötigen wir eine Freundin/einen Freund oder eine professionelle Begleitung. Jemand im Außen, der uns mit all dem annimmt, nicht verurteilt, damit diese Gefühle und Gedanken eingeordnet werden können.
Meine Mutter hat Spuren hinterlassen. Es war tröstlich zu sehen, wie vielen Menschen sie etwas bedeutet hat. Wie lebendig die Erinnerungen an sie sind, bis heute. Das konnte auch der Nebel der Demenz nicht verschleiern.
Während ich hier diese Gedanken aufschreibe, fällt mir auf, wie sehr nicht nur ihr Leben, sondern auch ihre Krankheit und ihr Sterben mich geprägt haben.
Meine Mutter starb vor 7 Jahren.
Wie kann ich loslassen, was ich doch festhalten möchte?
Wie kann ich in Verbindung bleiben, wenn sich Beziehung verändert?
Wie kann ich Handelnde bleiben, wenn ich ohnmächtig vor Veränderungen stehe?
Das sind einige Fragen, die die Erkrankung und der Tod meiner Mutter bei mir ausgelöst haben.
Ich habe mich auf meinen Weg gemacht, heraus aus diesem Nebel und mitten durch die Trauer.
Ich bin tiefer eingestiegen in die Auseinandersetzung mit dem Thema Tod und Trauer.
Und bin zu einer Begleiterin geworden von Menschen, die sich ebenso auf die Suche nach Antworten begeben. Bin Zuhörerin für Menschen, die ihre besondere Geschichte erzählen wollen. Und helfe beim Einordnen von Gefühlen und Gedanken.